Im Herbst sorgt ein Blackfacing-Video aus dem Appenzell für Aufruhr. Ein Jodler hat sich schwarz angemalt. Der Jodlerverein habe versucht, so eine andere Kultur bei sich aufzunehmen. Wie können Schweizer Traditionen wie Jodeln und Schwingen verbinden, ohne Menschen auszugrenzen?
Blackfacing Video
Im Kanton Appenzell ist im Herbst ein Video aufgetaucht, welches für Aufruhr sorgte. Ein weisser Jodler hat sich schwarz angemalt und damit sogenanntes Blackfacing gemacht.
Der Jodlerklub Walzenhausen hat sich für die Darstellung entschuldigt. Laut eigenen Aussagen hätte der Jodelverein versucht, eine andere Kultur bei sich aufzunehmen. Dieses Video hat Yvonne Apiyo Brändle-Amolo, sie ist gebürtige Kenianerin und jodelt selbst seit 16 Jahren, verletzt.

Foto: Celia Nogler
«Manche Leute können sich nicht vorstellen, dass eine schwarze Frau wie ich auch gerne jodelt.»
Yvonne Apiyo Brändle-Amolo
Die Zürcherin möchte, dass sich alle Menschen in der Kulturszene bewegen können und nicht diskriminiert werden.


Fotos: Shanice Bösiger
«Ich musste mehr kämpfen als andere»
Auch der 16-jährige Schwinger Sinisha Lüscher aus dem Kanton Aargau musste Rassismus im Schwingen erfahren. Einfach war es trotz seines Talentes für den Sohn einer Schweizerin und eines Ghanaers nicht: «Sie wollten mich früher bremsen, aber solche Dinge haben mich stärker gemacht.», so Sinisha.
Petra Lüscher, die Mutter von Sinisha, musste ihren Sohn fast ein bisschen zum Schwingen zwingen, denn der Jugendliche empfand das Sägemehl damals an seinem Körper noch als störend. Jetzt aber ist der Schwingsport für Sinisha ein wichtiger Bestandteil seines Lebens und er durfte schon einige grosse Erfolge feiern, wie der letztjährige Rang 1b am Herbstschwinget Gelterkinden oder die Schlussgangteilnahme beim Hülftenschanz-Schwinget Frenkendorf.


Fotos: Shanice Bösiger
Der Schwingsport habe sich laut Petra Lüscher gegenüber anderen Kulturen zwar geöffnet, aber: «Dieses Bild, dass nur Schweizer schwingen, ist halt schon noch in den meisten Köpfen verankert.»
Traditionen sind wichtig
Sinisha und Petra fühlen sich der Schweizer Tradition stark verbunden und möchten auch, dass diese Tradition erhalten bleibt. Einfach offener sollten die Menschen laut Sinisha werden, damit mehr Menschen einen Zugang zum Schwingen erlangen.





Fotos: Shanice Bösiger
Der Schwingklub Olten-Gösgen ist in diesem Fall ein gutes Beispiel. Laut Sinisha sei es ein bunter Haufen, wo jeder willkommen ist. So fand auch der 16-jährige Kurde Turgut seinen Platz. Er hat durch Sinisha den Weg ins Sägemehl gefunden. «Durch das Schwingen hat sich auch meine Art zu sprechen verändert, ich spreche jetzt besser Schweizerdeutsch. Auch habe ich das Gefühl, das schlechte Image gegen uns Ausländer würde sich verbessern, wenn man uns schwingen lässt.», erzählt Turgut.

Fotos: Shanice Bösiger
Es geht keine Tradition verloren
Der Bernisch-Kantonale Schwingerverband sei offen für alle, laut dem Mediensprecher des Verbandes haben sie keine Berührungsängste. Laut dem BKSV gibt es bei ihnen auch Schwinger, die nicht Müller und Co. heissen und das sei auch gut so.
Der Mediensprecher des BKSV betont auch: «Wir haben keine Angst, dass da Traditionen verloren gehen, und in erster Linie geht es ja auch um den Sport.» Er betont jedoch, dass es durchaus sein kann, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer skeptisch sind gegenüber anders aussehenden Personen. Laut des Mediensprechers des BKSV kann das dazu führen, dass es schräge Blicke aus dem Publikum gibt.
«Viele gehen von einer Kulturaufweichung aus»
Laut dem Psychologen Felix Hofer ist die Schwing-Community verankert in alten Traditionen und sie lassen sich nicht so schnell von etwas Neuem überzeugen.
«Viele gehen von einer Kulturaufweichung aus und befürchten, dass unsere Grundwerte infrage gestellt werden.»
Felix Hofer, Psychologe aus Zürich

Foto: Screenshot Diplomarbeit 2023
Die Diskriminierung ist meistens hinter den Türen und das sei laut Felix Hofer auch das Perfide: «Eigentlich haben wir eine offene Tür, aber wenn es dann darum geht, alle gleichzubehandeln, sind die meisten nicht ganz dabei.» Und das stimmt den Psychologen aus Zürich traurig.